Vielleicht bist du daran gewohnt, Sätze zu formulieren wie zum Beispiel: “Ich bin wütend, weil du nicht auf mich hörst!”, “Ich bin sauer, weil du mich nicht angerufen hast!”. Leider helfen diese Sätze nicht, in Verbindung mit der anderen Person zu bleiben oder eine gemeinsame Verständigung zu erzielen. Dafür drängen sie die andere Person in die Defensive (sich entschuldigen, die Verantwortung an Dritte abgeben oder sogar Aggression). Sie verursachen oft Schuld, Scham und verringern die Chance auf einen Dialog und ein Verständnis. 

Im Sinne der Gewaltfreien Kommunikation (GfK):

  • bist du nicht für Gefühle der Anderen verantwortlich
  • bist du für deine eigenen Reaktionen auf eigene Gefühle verantwortlich
  • und für deine Reaktion auf Gefühle der Anderen.

Eine wichtige Information an der Stelle an die Eltern: Wir sind nicht verantwortlich für Gefühle unserer Kinder. Als Eltern=Menschen sind wir nicht imstande vorherzusehen, was für eine Reaktion und damit verbundene Gefühle in uns und in der anderen Person (unseren Kindern) aufkommen werden. Gefühle entstehen ohne unsere bewusste Anteilnahme. Sie sind erstmal körperlich spürbar (Zittern bei Angst) und werden als Nächstes in Gedanken umgewandelt (“Es ist gefährlich!”), die eine Handlung mit sich bringen (Flucht). 
Die GfK lädt dazu ein, ständig in Verbindung mit unseren Gefühlen und Bedürfnissen zu sein. Je nach unserer Haltung (grafisch vs. wölfisch) bekommen wir unterschiedliche emotionale Reaktionen in unserem Körper, wenn wir uns beispielsweise im Kopf sagen: „Mein Kind ist so schwierig und stur. Ich drehe gleich durch, wenn es seine Hose nicht sofort anzieht!”
Zweite Variante: „Mein Kind hat schon dreimal von mir gehört, dass ich ihm seine Hose anziehen will. Er spielt mit seinem Lego oder springt auf dem Bett. Ich fühle mich hilflos, denn ich nicht weiß, wie ich es einfach und schnell machen kann. Ich möchte in 15 Minuten fahren.”

Wenn wir uns bewusst werden, wie es uns grade geht und dass wir in dem Moment eine große Hilflosigkeit spüren, können wir unsere Bedürfnisse dahinter wahrnehmen. In dem Fall könnte es Unterstützung von Marias Sohn sein – sie möchte es schnell und einfach haben. Oder von jemand anders (ihrem Partner), der ihr helfen könnte, ihren Sohn anzuziehen oder andere Sachen für die Fahrt vorzubereiten. 

In der konstruktiver Kommunikation, in der es viel darauf ankommt, zu verstehen, was uns wichtig ist, sind folgende Formulierungen hilfreich:

Ich fühle XY, weil ich XY brauche / ist wichtig für mich.

Du fühlst XY, weil du XY brauchst / für dich wichtig ist.

Diese Sätze kannst du dir stumm im Kopf sagen. Dies ist hilfreich, um dem Wutausbruch vorzubeugen und gelassen zu bleiben.

In unserer Kultur sind wir nicht daran gewohnt, über unsere Gefühle zu reden. Oft benutzen wir Standardausdrücke dafür: „Mir geht es gut”, „Mir geht es schlecht, „Ich freue mich”, „Das gefällt mir”. Die Auswahlpalette ist deutlich größer, sieh dir dazu die Gefühlsliste und die Bedürfnisliste an. Das Erraten von Gefühlen und deren Benennung kann man lernen – Übung macht den Meister. Ähnlich wie Sportmuskeln können wir Empathie trainieren. Wir sagen die Gefühle, die uns grade lebendig sind und suchen danach nach unseren Bedürfnissen oder wir fokussieren den Prozesse auf die andere Person. Hilfreich dazu kann auch mein kostenloses E-Book „Vier Schritte zur Konfliktleichtigkeit in der Familie” sein, greif zu.